Dresdner Heide

Wenn Wiedergeburt ein realistischer Begriff sein soll, dann erst richtig hier, unter diesen Bäumen, zum 2. August jedes einzelnen Jahres, werde ich wieder geboren. 

Was für einen Unterschied sollen 25 Jahre oder 6000km schaffen, wenn ich den Geruch der nassen Erde spüren darf, oder wenn die sanften Regentropfen von den frisch gewaschenen Blättern meine Haut herunter fließen? Erst wenn die Luft hier meine Nase füllt, mit dem leichten Geruch vom heiteren Baumrinde- und Blätterlaub, die großzügig diesen Boden bedecken, weiß ich Bescheid, dass ich lebe. Ich weiß dann Bescheid, dass die Antworte auf meine Existenz hier liegen, unter diesen Bäumen, die mich jedes Mal aufs neue willkommen zu heißen wissen. 

Ich erinnere mich klar an ihre Stimmen, als ich das erste Mal hier war. Wer von uns allen beruhigter und getrösteter war darüber, dass ich endlich meinen Weg nach Hause gefunden hatte, wer von uns lauter und in größerer Euphorie gesungen hat oder wer wen schrecklicher vermisste, kann ich bis heute noch nicht sagen. Wie könnte ich überhaupt Stimmen vergessen, die mich all die ganzen Jahre zu sich riefen und deren Ruf ich heute noch deutlich hören kann? Stimmen, die mich in der Heide stets begleiten und schließlich Stimmen, vertrauter und bekannter als kaum eine andere...

So lasst mich wieder in die Heide, lasst mich zur Prießnitz, denn erst durch den sanften Fluss dieses Wassers kann ich gereinigt werden von allem Last und Schmutz der Menschenwelt, denn erst mitten drin, mit den beiden Menschenfüßen in ihrem sandigen Boden gesteckt, in der Strömung dieses Baches weiß ich Bescheid, dass das, was meine Hände fassen, existiert. Erst hier im Einklang mit der Gesamtheit dieses Waldes, erst in Berührung mit der Prießnitz wird es mir klar, dass ich geboren bin.

*Die Bilder habe ich im März aufgenommen, deswegen ist es noch nicht so grün und dicht, wie um die Jahreszeit.